Sommer, Licht, das Rauschen des Windes in den Buchenblättern, Sonnenstrahlen schimmern hindurch…


24.07.2019 – in der Küche Villa Kunterbunt


Gerade eben noch haben wir einen Kuchen gebacken mit Heidelbeerfrüchten, die wir zusammen geerntet haben. Schwups in Ofen und zusammen lecken wir die Teigreste der Rührschüssel. Mmmmhhh, Duft breitet sich aus. Ich überlasse dir die Schüssel und widme mich den Bohnen die wir zum Abendbrot essen wollen.

„Lalaleleilalalamhmh“ summst du fröhlich von dannen in Richtung Terrasse wo Naela dich schwanzwedelnd empfängt. Zusammen macht ihr euch über die Rührteigreste her. Mein Verstand will noch rufen „aber Nieke nicht zusammen mit dem Hund die Schüssel teilen“ und in Gedanken ermahne ich mich: „Du wolltest doch den Hund unlängst entwurmt haben“.


Ach, ich lasse euch beiden in eurem Tun. Wenig später stolzierst du mit der klebrigen Rührschüssel auf dem Kopf am Fenster entlang der Hund fröhlich trottend hinter dir her…


Im Hintergrund grasen die Pferde im Garten, der noch keiner ist und deshalb von Zeit zu Zeit auch den Pferden zum Grasen dient.
Mein kleiner Haustierzoo, ihr erfüllt mich mit Glück und Liebe zugleich…und in dem Moment steigt ein leichtes Aufkommen von Unbehagen und Unruhe in mir hoch: oh bitte lieber Traum geh niemals zu Ende, denn es kann doch nicht Wirklichkeit sein, dieser Moment der puren Erfüllung. Die Zeiten in denen sich dein Leben so gar nicht nach Traum anfühlten, ja die sind noch so messerscharf in deinem Kopf verankert. Also bitte kneif mich nicht liebes Leben ich will doch noch ein bisschen schlafen und träumen…


24.07.2009 – damals, als gestrandetes Segelboot in meiner kleinen Wohnung

Es ist Sommer, Sonne und warm. Mag ich rausgehen? Ich weiß es nicht. Ich sitze allein in meiner kleinen Wohnung die ich nach dem Auszug bei meinen Eltern von meiner kleinen Rente bezahlen kann. Ich bin 28 und Vollzeit erwerbsgemindert. Vielmehr als das, bin ich auf der Suche. Ich fühle mich noch immer gestrandet, wie nach einem schweren Sturm auf See, die Diagnose Morbus Hodgkin und die chronische Müdigkeit schwebt wie eine dunkle Wolke über mir. Hinzukommt dieser ständige Nebel der mich lähmt, meine Augenlider, meine Beine, mein Gedächtnis und vor allem meine Stimmung. Nie hätte ich gedacht, dass ich über drei Jahre nach der Diagnose noch so weit weg von dem entfernt bin, was für mich Leben bedeutet. 

Was bedeutet mein Leben überhaupt? Noch? Und für die Zukunft?


Getrieben davon irgendetwas zu unternehmen habe ich mich auf verschiedene Dinge beworben: Studium, Job weitere Ausbildung. Immer mit der vernichtenden Frage: kann ich das überhaupt? Was ist, wenn es mir wieder schlecht geht und ich noch nicht mal aufstehen kann? Bin ich überhaupt noch wertvoll für eine Tätigkeit? 

Und wo bin ich, Heike, überhaupt hinter all diesen Fragen? Wie geht es mir? 

Kaum einer weiß es, nein, niemand weiß es, vor allem nicht ich selbst.


Ich versuche Fassade zu zeigen, in den Momenten der Gesellschaft. Nach außen hin bin ich doch fast wieder die Alte, aber innerlich? Ich fühle mich auch hier als gestrandetes Segelboot gezeichnet von der Schwere der See mit etlichen Schäden die es zu reparieren gilt, aber kann es überhaupt repariert werden?


24.07.2019  wieder Villa Kunterbunt, mit Kuchenduft gefüllt

„Mmh, mmmmmhhh“ ein warmer, wohliger Geruch strömt durchs Haus. Minimaus kommt herbei „mmhh mmhhh eeiiiß, eeeiiß!“
Zusammen pusten wir am Stück und können es kaum erwarten ihn zu kosten. „Mmmhhh mmmhhhh“ und gleich noch ein weiteres Stück „aila, aila“ ja natürlich auch ein Stückchen für Naela. Die Blaubeerfrüchte aus dem Kuchen fallen uns zu Füßen. Du willst ihr noch ein Stück geben. Ihr beiden seid Freunde und ja alles, wirklich alles teilst du im Moment mit deiner geliebten „eila“. Hundenapf, Zahnbürste, Trinken ihr beiden seid ein pütt und ein pann, wie wir hier in Norddeutschland sagen, wenn man sich gut versteht.

Noch immer grasen im Hintergrund die Pferde, hier und da ein Schnauben. Vogelgezitscher….in der Ferne drehen Windmühlen stoisch ihre Kreise, immer weiter und weiter und beim Anblick verliere mich wieder in meinen Gedanke: Halt liebes Leben halt, halt lass diesen wunderbaren Moment nicht vorübergehen.

24.07.2009 die Sehnsucht nach der Freiheit am Horizont

Noch immer stehe ich auch nach Jahren der Therapie und Begleitung wie in einem anderen Leben. Ja das Leben hat mir die Diagnose gegeben und gleichzeitig mein Leben genommen, so fühlt es sich an….noch immer.

Ich will zurück: Tanzen, lachen, unbeschwert sein, meine eigene Wohnung und Geld verdienen, unabhängig und frei sein, als junge Frau mit 28 Jahren leben können…

Ich erkenne nicht, dass der Wunsch zurück in mein altes Leben, nicht der Weg ist, der mich in ein gesundes Leben führt. Ich weiß nicht wie der neue Weg aussieht und deshalb traue ich mich auch nicht ihn zu gehen…bleibe stattdessen stehen, drehe mich im Kreis. Bin im Strudel und noch immer zieht es mich von Zeit zu Zeit nach unten in dieses Loch der bleiernen, unsichtbaren Schwere, die mich handlungsunfähig macht. Und dieses nicht Können macht es so schwer zu akzeptieren, für mich und mein Umfeld.

24.07.2019  – Vertrauen

Nein Heike, sagt eine innere Stimme in mir. Du kannst das Leben, diesen Moment der Glückseligkeit, nicht festhalten und das ist auch gut so. In den letzten Jahren hast du gelernt, dass du stark bist, dich deinen Ängsten gestellt, sie als Wegweiser genommen.

Und über alldem bist du losgegangen, mutig Schritt für Schritt in dein neues Leben und du hast gelernt, dich allem zu stellen. Das Leben hat dir gezeigt, du kannst Vertrauen liebe Heike. Scheint dir der Berg der Gipfel doch unerreichbar, und bist du auch so häufig gestrauchelt, gefallen und hast dich verletzt, körperlich wie seelisch. Das Leben hat dir immer wieder gezeigt, dass aus der Asche des Feuers, neues Leben entsteht. Das selbst, der stärkste Sturm irgendwann versiegt und sich Rückenwind einstellt und nach dem steilsten Berganstieg, der sensationellste Gipfelausblick auf dich wartet.

Immer wieder hat sich dir gezeigt: Das Leben ist für dich, auch wenn für dich, die Wetterumschläge, Lebensfahrten und Wanderungen, anstrengender und intensiver waren und sind als bei anderen Menschen. 

Vertraue und nehme es an, mit all seinen Facetten.

Meine Reisen, allein mit mir in der Natur und gleichzeitig auf der Suche nach mir

Oder wie war es beispielsweise in Lappland als du wandern warst, alleine: du bist in der Einsamkeit gestürzt, hast dich verletzt. Du musstest bei einbrechender Dunkelheit stundenlang ausharren in Mückenschwärmen und auf einmal bedrohlicher Wildnis. Eine samische Familie stand auf einmal aus dem Nichts vor dir und nahm dich mit. Hat dir da das Leben nicht eindeutig gezeigt, es schickt dir immer genau das was du brauchst?

Oder als du in Norwegen wieder alleine unterwegs warst und dich die Trauer und Einsamkeit so herb überfiel, dass du nicht mehr weiter wusstest? Es floss nur noch aus dir heraus. Einfach und doch so brachial von jetzt auf gleich, diese heftigen Gefühle die sich durch das Geschehene immer wieder einstellten. Im nächsten Dorf war eine Stabkirche und fast automatisch fuhr dich dein kleiner Skoda dorthin. Du gingst in die Kirche und namst Platz auf einer der Bänke. Die Tränen konnten versiegen, dafür sprach dich ein älterer Herr an. Er war mit seinem Motorrad unterwegs und ihr unterhieltet euch ein wenig. Das übermächtige Gefühl von Haltlosigkeit und Alleinsein verschwand zusammen mit ihm aus der Kirche, als sich eure Wege wieder trennten.

Ach ja und dann der Getriebeschaden mitten in den Bergen, der nächste Ort 80km entfernt, keine Menschenseele. Das Leben und dein Vertrauen haben dich geleitet, das Auto noch rollend die weite Strecke fahren zu lassen, direkt vor eine Werkstatt, die sich dir aus dem Nichts zeigte.

24.07.2019  – umherfliegende nasse Handtücher

Platsch macht es neben mir. Und ich werde aus meinen Gedanken und Träumen der Reisezeit herausgerissen. Ein nasses Handtuch, welches du im Planschbecken getränkt hast, landet unmittelbar zu meinen Füßen. Geschäftig schnappst du es und bist schnurstracks auf dem Weg zu Naela, die schläfrig in der Sonne liegt. Sorgsam breitest du das Handtuch auf dem Hund aus…“Eila, Eila,…eißß, eißß“ oh ja es wirklich ein heißer Tag. Fürsorglich kümmerst du dich um den Hund und Naela lässt deine kindliche Umsorgung  wohlwollend über sich ergehen. Was für ein toller Hund sie ist…

Meine Vision als Teenager vom Leben

Wieder schweife ich ab mit meinen Gedanken. Hätte ich mir je erträumt mal so ein Leben zu führen?

Schon sehr früh als Jugendliche, hatte ich den Wunsch, irgendwann auf einem Resthof zu leben, eine WG zu führen mit meinem geliebten Pferd und noch anderen Tieren. Vor meinem inneren  Auge konnte ich es immer sehen, vor allem mich und die Tiere. 

Familie und Kinder waren dabei nie so direkt präsent, warum sollte ich viel später auch noch erfahren.

Mit Ausbruch, der Krankheit und den Jahren danach, war diese Vision lange Zeit in Vergessenheit geraten, nicht mehr fühlbar für mich und lebendig und auch unbedeutend, so glaubte ich. Doch eine Frage umtrieb mich immer wieder: Was ist der Sinn von meinem Leben? Und auch der Sinn meiner Krankheit?  Wenn ich hätte Sterben sollen durch die Diagnose, dann wäre es geschehen. Zurück in mein altes Leben konnte es auch nicht sein, denn eines hatte ich mittlerweile verstanden: Die Krankheit war zwar ein energischer und bestimmter Denkzettel vom Leben, aber dennoch liebevoll richtungsweisend, denn sonst wäre ich doch heute nicht mehr hier.

Aber wie sollte ich das herausfinden? Der Sinn des Lebens? Was ist das überhaupt? Etwas Höheres vielleicht etwas für mich bestimmtes? Aber ist das nicht eigentlich nur für Spirituelle? Und wer könnte mir dabei helfen, es herauszufinden?

Ich begann zu lesen und zu recherchieren über Menschen, die auch auf dieser Suche waren oder aber auch die es schon gefunden hatten. Dabei interessierte mich vor allem, wie sie es geschafft hatten. 

Welche Fragen und noch viel mehr welche Antworten sich mir zeigten, erfährst du ganz am Ende des Textes.

Meine kleine Tochter als wirkende Lebenscoachentdeckerin

Mama, Mammma, Mammmaaaa….mit Blauberen und Kuchenkrümmeln in der einen Hand und deiner Jacke in der anderen Hand stehst du vor mir. Bestimmt gibt’s du mir zu verstehen, jetzt die Jacke anzuziehen und dann noch mal los zu streifen ins Abenteuer ohne Ziel, für den Tag. 

Einfach losziehen  und Steine sammeln, Gaggacks beobachten, die Großeltern besuchen und spielen oder auch einfach nur  treiben lassen, stehen bleiben und in die Ferne schauen:  warten bis ein neuer Impuls für eine Handlung kommt. Ach wärst du nur damals schon bei mir gewesen, mein kleiner Lebenscoach der Langsamkeit und Achtsamkeit im Hier und Jetzt.

Ja und auch damals, war es dann ähnlich, ich hab mich aufgemacht los zu ziehen. Was hatte ich schon zu verlieren? Meine Aufgabe war es nun die Schwere des Vergangenen  in das Abenteuer des Lebens umzuwandeln, es zumindest zu versuchen. Und vielleicht es dann zu finden, mein „Warum“ für hier auf Erden. Denn als ich bereits aufhörte krampfhaft zurück zu wollen in mein altes Leben, durfte sich das neue zeigen. Begleitet durch tolle Menschen die sich immer wieder auf Wegstrecken beigesellten und Reisen die ich machte. Immer alleine, mit mir in der Natur, wandernd, fahrend, intensiv, mit allem was sich zeigte.

Und ich hab es gefunden, das was über mir steht quasi, nicht übermächtig aber das, was durch mich durch wirken möchte auf dieser Welt. Auch das bedeutet nicht jeden Tag Glück und Leichtigkeit als flatratemodus, dafür aber  tiefe Dankbarkeit immer wieder als Resümee für das was ist.

Allem voran hat mir auf die vernichtende Frage: „Warum ich?!“, folgende Antwort Frieden gebracht zu erkennen, dass es immer ein Warum hinter der Krankheit gibt. Genauso die destruktiven Gedanken, gegen die Krankheit zu kämpfen, umzuwandeln in die Krankheit als Botschaft anzunehmen, sie als Wegweiser zu sehen.

Außerdem hat mir die Erkenntnis geholfen, dass die schmerzvollsten Lebensaufgaben, mir gleichzeitig auch die Antwort auf mein Warum hier auf Erden brachten.

Genauso auch eher einfache Fragen: an welchen Orten halte ich mich am liebsten auf und mit welchen Menschen? Wonach sehne ich mich, wobei ertappe ich mich immer wieder in meinen Tagträumen.

Und schließlich, wenn ich morgen sterben müßte, wollte ich von nun an mein Leben so gestalten, dass es ok wäre wenn ich gehen müßte… und die Antwort darauf war und ist mir das jeden Tag vom neuen bewusst zu machen und vor allem auch zu erlauben so leben zu dürfen.

Heike Brodersen: Osteopathie für Mutter und Kind

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